Für dieses Kapitel finde ich nur schwer einen passenden Einstieg. Fast alle männlichen Verwandten väterlicherseits kamen im Krieg in der Fliegerei ums Leben. Jagdflieger werden gerne heroisiert und heldenhaft gefeiert. Die das Glück hatten, den Krieg als Jagdflieger zu überleben hatten durchaus Grund zum Feiern. Nur 3 % überlebten diesen "Job". Mein Vater sagte mal, dass die Lebenserwartung der Jagdflieger durchschnittlich 10 Einsätze bis zum Tod betrug. Viele überlebten den ersten Einsatz nicht, andere hielten länger durch. Zum Überleben gehörte das Töten anderer junge Piloten, die zum „Feind“ erklärt worden waren. "Abschussbalken" am Leitwerk sollten die Erfolge kundtun. Günther hat an seiner Maschine diese Abschußbalken nicht angebracht - bis er dazu ermahnt wurde. Er war nie in der "Partei" und auch nicht bei der Hitlerjugend, da er mit dem NS Regime nichts anfangen konnte. (Ganz im Gegensatz wiederum zu seinem Vater - meinem Großvater). Mein Vater hatte über seine Zeit als Jagdflieger im JG52 erst im hohen Alter kurz vor seinem Tod mit mir ausführlich darüber gesprochen, nachdem ich massiv nachbohrte. In einem handgeschriebenen Buch hat er mir seine Erinnerungen über diese Zeit aufgeschrieben. Die Zahl seiner Abschüsse hat Günther nie erwähnt. Nach Abschüssen hoffte man für den Gegner, dass er mit dem Fallschirm aussteigen konnte. So entstanden kuriose "Freundschaften" als mein Vater den abgeschossenen Piloten im Lazarett besuchte und dieser meinem Vater zum hervorragenden "Schuss" gratulierte. Der abgeschossene war Australier und lud meinem Vater für die Zeit nach dem Krieg in seine Heimat ein. Durch die Kriegswirren kam es nie dazu.
Günther war froh, dass das Fliegen nach dem Krieg wieder Spaß machen durfte und diese grausame Zeit endgültig vorbei war. So folgte in den 60ern die PPL Fliegerei in Griesau mit mir als 4-jähriger im Copilotensitz und in den 70ern das Drachenfliegen in Steinerbrückel und Jachenhausen, wo ich 1980 mit 16 Jahren meine eigene Fliegerkarriere begann.