Hohenelbe war ein bekannter Wintersportort. Und meine väterlichen Verwandten aktive Wintersportler. Als Pilot war mein Vater und mein Großvater auch auf Skiern "flugbegeistert". Sie brauchten kein Flugzeug dazu. 2 Holzbretter genügten um internationales Niveau zu erlangen. Leider hatte der Krieg Vaters Sportlaufbahn schlagartig beendet. Trotzdem durfte Günther - wenn auch untrainiert - an einigen Meisterschaften teilnehmen und schlug sich nicht schlecht. (Ganz unten der Text aus seinen Aufzeichnungen) Auch hiervon gibt es noch Bilder. Onkel Richard und Reinhold hielten damals viele Schanzenrekorde und dominierten die Szene in Südböhmen.
Selbst Vaters Tante Hilde Rieger soll einmal unerschrocken den Sprung von der Skisprungschanze mit Rock gewagt haben. Und die Rampen sahen damals nicht weniger spektakulär aus wie heute. Günthers Sprungski aus Holz stehen noch bei uns im Keller.
Auch hiervon ein kleiner Auszug aus den Aufzeichnungen meines Vaters:
"...In den Hauptverband Deutscher Wintersportvereine (HDW) trug mich mein Vater ein, weil dieser allein zu internationaler Teilnahme an Wettkämpfen befähigte, während die Wintersportler des deutschen Turnvereins nur auf nationaler, sprich: sudetendeutscher Seite, teilnehmen durften. Mein Vater war HDW-Vorstand und Kampfrichter, zählte zu seiner aktiven Zeit wie Onkel Richard zu den dominierenden Skispringern in Nordböhmen. Beide waren Inhaber vieler Schanzenrekorde.
Besonders Onkel Richard, der als der jüngere der beiden Brüder noch viele Jahre länger sprang, ist mir noch gut in Erinnerung, wenn er zum Beispiel auf der heute noch bekannten Harrachsdorfer Teufelsschanze Rekorden nachjagte. Ich durfte, mit umgehängter Schärpe, des öfteren Einspringer machen. Mit 13, 14 Jahren erreichte ich dabei schon über dreißig Meter. Mein Vater war sehr stolz darauf. ..."
"...Eines Morgens beim Appell verlas der Hauptfeldwebel eine für mich recht interessante Angelegenheit. Es standen die Heeresostermeisterschaften im Skilaufen an und jede Einheit sollte dafür in Frage kommende Bewerber melden. Also meldete ich mich sofort unter Angabe von Referenzen. Kurz darauf, ich hatte schon nicht mehr daran gedacht, musste ich zum Chef und dieser teilte mir mit, dass ich zur Teilnahme ausgewählt worden war. Ich erhielt einen Urlaubsschein über meinen Heimatort - wo ich ja meine Skier und alle übrigen Wintersportutensilien erst holen musste – nach Zakopane in der Hohen Tatra. Getragen wurde zivil mit am Arm aufgenähtem Emblem. Vorübergehend war ich also wieder freier Mann und war froh, nicht die entehrenden schwarzen Spiegel tragen zu müssen.
In Zakopane angekommen wurde nicht nach Dienstgrad gefragt. Es waren nur Sportler unter sich, von denen ich einige schon recht gut kannte. Die nach der Olympiade 1936 in Garmisch-Partenkirchen gestarteten Gebrüder Cranz, Haro und Guzzi Lantscher, Peppi Jennewein und Pfnür, um nur einige zu nennen, waren anschließend bei uns in Spindelmühle beim alljährlichen Maiskirennen gewesen. Diesen schloss ich mich an und konnte mit ihnen auch trainieren. Der Kasprowi mit seinem Morscke Oko, einem Bergsee, zu seinen Füßen, wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Wir hatten dort beste Quartiere, bestes Essen, überall freie Fahrten und konnten uns vollkommen frei bewegen. Ein richtiges Herrschaftsleben, das mich schnell die vergangenen Wochen vergessen ließ.
Verwundert war ich lediglich darüber, wie schnell die Polen anscheinend ihre Niederlage verschmerzen konnten. Von Ressentiments war keine Spur zu finden. Eher konnte man da schon den Eindruck gewinnen, dass ihnen diese Besetzung nicht unwillkommen war. Jedenfalls gaben sie sich freundlich und äußerst zuvorkommend.
Der Verlauf der Meisterschaft war für mich nur insofern befriedigend, als ich unter den vielen schon berühmten Rennfahrern mit einem 18. Platz im Abfahrtslauf relativ gut abschnitt. Beim Springen war die Konkurrenz nicht ganz so gewaltig. Mit Wertungssprüngen von 58 und 61 Metern sprang noch ein 8.Platz heraus.
Etwas traurig trat ich dann wieder die Heimfahrt an. Über Hohenelbe, wo ich meine Wintersportausrüstung gegen die Uniform tauschte, ging es weiter zu meinen Schwarzspiegel-Kameraden in Schlesien. Der Kommandeur lobte vor versammelter Truppe meinen Einsatz zu Ehren der Luftwaffe insgesamt, meinte aber wohl sich selbst, da der Auftrag ja allein ihm zu verdanken gewesen war. Gleichzeitig teilte er mir mit, dass ich bereits tags darauf zu meiner Rekrutenausbildung nach Breslau versetzt werde. Den Marschbefehl dorthin erhielt ich noch am gleichen Tage. ..."