Bis hier habe ich versucht, die Ausbildung zum Jagdflieger meines Vaters zumindest bis zum ersten Abschuß, sowohl der "Feindmaschine" als auch der eigenen möglichst schlüssig und zusammenhängend mit Auszügen aus den Originalaufzeichnungen darzustellen. Den weiteren Kriegsverlauf habe ich vorerst ausgespart. Ein wichtiges Ereignis war dann noch folgender Unfall: Seit seinem Startunfall mit der vollgetankten 109, den er wie durch ein Wunder überlebte, feierte mein Vater am 20.05.1942 seinen zweiten Geburtstag.
Ein halbes Jahr später war er wieder im Cockpit. Für die Beschädigung der 109 musste sich mein Vater vor dem Kriegsgericht verantworten...
Ausserdem wurde er noch zwei mal abgeschossen und überlebte auch dies. Im Laufe der sechs Kriegsjahre war sein Einsatzschwerpunkt im JG 52 an der Westfront und in Afrika, aber auch am Polarkreis und in Russland. ...
"...Wir starteten im beinahe geschlossenen Schwarm, ich als letzter. Mein Vordermann hatte gerade abgehoben, als ich einen harten Schlag in der Maschine verspürte, die sofort nach rechts ausbrechen wollte. Dem entgegenzuwirken, musste ich so scharf abbremsen, dass mein Propeller den Boden berührte. Alles weitere spielte sich vielleicht innerhalb einer Zehntelsekunde ab. Die Maschine bohrte sich in den Boden, überschlug sich und begrub mich unter ihr. Trotz des gewaltigen Aufpralls auf meinen Schädel habe ich das Gedächtnis keine Sekunde verloren.
Ich weiß noch, dass ich mit total zusammengequetschtem Oberkörper noch ein riesiges Gewicht auszuhalten hatte, das mir fast keine Möglichkeit zum Atmen ließ. Ich erwartete jeden Augenblick die Explosion des mit über 600 Liter Benzin gefüllten Sitztanks, der nun ja über mir hing. Zudem vernahm ich Geräusche, die ich mit Feuer in Verbindung brachte. Es zischte und brodelte, dann wurde es allmählich ruhiger. Ich hörte die Feuerwehr anbrausen, vernahm Kommandos, konnte mich aber selbst nicht äußern. Dazu fehlte mir die Luft. Im Mund spürte ich Sand und Zähne und durch die Nase war nur ein geringer Luftstrom möglich. Ich bemühte mich, diesen so flach wie nur möglich zu halten.
Wie lange ich so dalag wusste ich nicht, wohl aber, dass ich es noch einige Zeit würde aushalten können. Die Hauptsache für mich war, dass das Brandrisiko ausgeschaltet schien. Die Geräusche, die von den Kreiselgeräten stammten und von dem Glykol, das auf den heißen Motor getropft war, verebbten allmählich. Ich hörte nur allgemeines Stimmengewirr und ab und zu Kommandos. Heute noch kommt es mir so vor, als wäre ich in diesem Moment richtig glücklich gewesen. Glücklich, überlebt zu haben, nicht verbrannt zu sein wie diejenigen, die ich bei ähnlichen Unfällen bei lebendigem Leibe verschmoren sah. Deren Schreie werde ich nie vergessen. In die mich umgebende Dunkelheit kamen auch einige Lichtschimmer hindurch. Ich konnte also nicht tief eingegraben sein. Dann vernahm ich das Kommando: „Alle Mann unter die Tragflächen. Wir versuchen, die Maschine etwas anzuheben.“ Als sich kurz darauf der Druck, der auf mir gelastet hatte, etwas lockerte, konnte ich den Kopf so weit bewegen, dass ich endlich besser Luft bekam und als sich auf ein weiteres „Hauruck“ die Kabine etwas anhob, konnte ich mich sogar losschnallen. Es wurde hell und ich wollte auf diesen Spalt zukriechen. Da kam von außen der Aufschrei: „Der lebt ja noch!“ und fast gleichzeitig fiel die Kabine wieder mit der gleichen Wucht auf mich. Einige der Helfer hatten mir zu Hilfe kommen wollen, dabei die Halteposition verlassen und für die restlichen war die Last zu groß gewesen. Man unterließ die Anhebeaktion und machte sich mit Schaufeln daran, mir unter dem Kopf mehr Freiheit zu geben. Schaufel um Schaufel kam ich so meiner Freiheit langsam aber immerhin sicherer entgegen. Als der ausgehobene Graben unter mit endlich so groß war, dass ich mich durchzuzwängen in der Lage sah, wollte ich mich noch aufrichten. . . Dann aber wurde es schwarz um mich.