Ich hatte einen Termin beim Arzt. Der las meine Krankenhaus-Entlassungspapiere durch und meinte abschließend: wehrfliegeruntauglich. Das war ein Hieb, der mich hart traf. Vielleicht glaubte er, mir damit einen großen Gefallen erwiesen zu haben. Sicher gab es unter uns etliche, denen dieses Urteil gerade recht gekommen wäre. Nicht so bei mir. Ich wollte doch so bald wie möglich wieder in die Luft. Deshalb fragte ich ihn, ob da für mich nicht irgendeine Chance zu finden sei, die mir zumindest die Möglichkeit einer Wiedereingliederung offenließ. Vermutlich hatte dieser Stabsarzt dergleichen noch nicht oder zumindest nicht oft erlebt. Nach einer längeren, sehr offen geführten Unterhaltung, schien ich ihn dann doch noch umgestimmt zu haben und er milderte sein Urteil in „bedingt wehrfliegertauglich Heimat“ um.
Das hörte sich schon besser an, obwohl ich mir dabei keine Vorstellung machen konnte. Auf jeden Fall hieß es vorläufig: Jagdfliegerei ade. In meiner Verzweiflung hatte ich mich an meine alte Einheit in Paris Villacoublay gewandt. Drei Tage später erhielt ich vom ZbV Ltn Zahn einen ausführlichen Brief mit weiteren Genesungswünschen. Sie hatten bis dahin von meinem Missgeschick noch nichts erfahren. Böhm und zwei Obfw. Hatten zwischenzeitlich das Ritterkreuz erhalten, ansonsten seien die beiden Staffeln bereits mehrfach neu aufgefüllt worden. Seit unserer gemeinsamen Zeit seien fünf Totalausfälle zu verzeichnen gewesen. Ich konnte mich an alle noch erinnern. Von den Kameraden, die mit mir auf Lehrgang geschickt worden waren, war keiner zur alten Einheit zurückgekehrt. Abschließend versprach er, sich nach Kräften für mich zu verwenden.
Vermutlich hat er sein Wort schon bald eingelöst, denn eine Woche später erhielt ich die Nachricht von meiner Versetzung zur Ergänzungsjagdgruppe Ost im JG 52. Ich kam nach Breslau Hartlieb. Das fliegende Personal dort setzte sich mehr oder weniger aus Rekonvaleszenten oder ehemaligen überalterten Fluglehrern zusammen. Mein Chef war Heinz Rühmann, bekannt aus „Quax, der Bruchpilot“. Vorsorglich warnte man mich davor, diesen möglichst nicht anzugrinsen. Das könne er nicht leiden und es bekäme jedem teuer zu stehen, der sich da nicht beherrschen könne. Also sah ich in ihm auch nur den Chef, Hauptmann Rühmann.
Der Dienst dort erinnerte mich an eine Art Spedition oder Taxi-Unternehmen. Da man mir wegen der eingeschränkten Belastbarkeit keine schnellen Maschinen geben durfte, lernte ich den Fieseler Storch kennen. Ich hatte schon immer Lust, diesen sagenumwobenen Langsamflieger einmal selbst zu testen, aber noch nie Gelegenheit dazu erhalten. Jetzt begeisterte mich dieser aber geradezu.