1943, an der Ostfront in Armawir, einer Kleinstadt am Kuban gelegen
... wir waren gerade beim Mittagessen da heulte die Sirene und fast zur gleichen Zeit hörten wir Flugzeuggeräusche. Zu spät für uns, um noch zum Platz zu gelangen. Als unsere Flak zu schießen begann, hörten wir auch schon zahlreiche Bombeneinschläge. Das bereits angesprochene Manko für uns war, dass wir nach Osten keinerlei Luftwarnung hatten. Die vorher dort stationierten wenigen Einheiten waren alle zur Entlastung der 6. Armee in nördlichere Gefilde verlegt worden, so dass wir zu jener Zeit eigentlich auf mehr oder weniger verlorenem Posten verharrten. Hier hatte wir die Quittung für unsere Aktion vor drei Tagen erhalten.
Die 109 -am Boden zerstört
Zehn Minuten später am Platz angekommen sehen wir, welches Unheil dieser Angriff gestiftet hatte. Eine Flakstellung war total ausgeschaltet worden, von einer zweiten waren zwei Soldaten verwundet worden, meine Maschine (Me 109) steckte mit der Nase in einem Bombenkrater, zwei weitere mussten als Totalverlust gemeldet werden und der Hauptholm des Storchs war durch einen Bombensplitter zur Hälfte durchschlagen. Auch unsere Taifun wies starke Deformierungen an Flächen und Rumpf auf. Major Wagenknecht war ein völlig geknickter Mann. Er schien mir um Jahre gealtert. Er sagte nur: „Das ist Krieg, meine Herren, beginnen wir gleich mit den Aufräumungsarbeiten.“
Und so beteiligte sich jeder sofort daran, egal welchen Dienstgrad er hatte. Zunächst versuchten wir, den Platz wieder zu nivellieren, damit die noch flugfähigen Maschinen bei Bedarf wieder eingesetzt werden konnten. Die eigene Maschine hatte jeder selbst zu kontrollieren und eventuelle Beschädigungen zu melden, damit diese bevorzugt behoben werden konnten. Aber da waren nur kleinere Blessuren zu melden, die auch keiner sofortigen Reparatur bedurft hätten. Die total einsatzunfähigen, wozu auch meine gehörte, wurden zunächst noch weiter vom Platz entfernt, eine Abdeckung benötigten diese nicht mehr. Zwei Tage dauerte es, bis wir den Platz wieder soweit hergerichtet hatten, dass er für uns benutzbar war. Die Techniker waren inzwischen mit der Demontage der beschädigten Jäger beschäftigt, aus welchen sich immerhin noch verschiedene Ersatzteile entnehmen ließen, an die man von Jahr zu Jahr immer schwieriger herankam. Bei einer war zum Beispiel der ganze Motor unbeschädigt und nur die Zelle von Splittern durchschlagen. Alle Instrumente wurden ausgebaut. Dies auch beim Storch, der mit halbem Holm wohl kaum noch flugtauglich sein konnte. So viel Geschäftigkeit hatte ich bisher noch auf keinem anderen Flugplatz gesehen. Abends waren wir alle total geschafft und fielen nur noch in unsere betten. Maj. Wagenknecht war voll des Lobes. Das durfte er aber auch sein, selbst Bennewitz hatte sich Blasen an seinen Händen geholt.
Als die beiden an Ruhr erkrankten wieder zu uns zurückkamen, waren wir zu dritt ohne Maschinen Ein sofortiger Nachschub war nicht möglich, dazu fehlte es an entsprechend geschultem Personal, d.h. Piloten, die meistens nach kurzer Überführungstätigkeit an Fronttruppen weitergeleitet wurden, wo man sie dringend brauchte. Daraus konnte man aber auch schließen, dass es mit unserer Lufthoheit bei weitem nicht mehr so rosig aussah, wie noch ein Jahr vorher. Es mangelte nicht so sehr am Nachschub der Geräte als vielmehr an geschultem Personal. Damit begründete man auch die in letzter Zeit bei Luftkämpfen erlittenen enormen Verluste, die allerdings von der Heeresführung stets verschwiegen wurden. Eine zumindest im Osten sich anbahnende Misere, die nicht mehr übersehen werden konnte.
Das wirkte sich auch insofern auf uns aus, als mehrere Angehörige unserer Einheit bereits seit vielen Wochen auf einen längst fälligen Urlaub warteten. Allein aus Mangel an Transportmöglichkeiten konnten sie diesen nicht antreten. Eisenbahnverbindung gab es von uns aus keine und dort, wo solche noch bestanden, waren sie den Rücktransporten von Verwundeten, die mit Ju`s jeweils zu den nächsten Bahnhöfen herangeflogen wurden, vorbehalten. Man konnte es als allgemeines Chaos bezeichnen, was sich zu der Zeit im Süden der Front abspielte.