"...Lachen-Speyerdorf hieß die nächste Station. Es liegt bei Neustadt an der Weinstraße, Nähe Mannheim. Der Empfang war nicht sonderlich freundlich. Zunächst wurde uns unmissverständlich klargemacht, dass wir uns hier wieder als blutige Anfänger zu betrachten hätten. „Die hier ist eine Jagdflieger-Vorschule, die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Jagdfliegerschule aber müssen Sie sich hier selbst erarbeiten. Ich weise euch darauf hin, dass nicht ein jeder von euch schon das Privileg dafür in der Tasche hat.“ Sinngemäß war die erste Begrüßung. Also waren wir noch nicht einmal Jagdflugschüler sondern Jagdflug-Vorschüler. Dies wurde uns auch unentwegt eingehämmert, bis wir unsere eben erst errungenen Meriten rasch wieder vergessen hatten.
Zunächst wollte man sich erst einmal ein Bild von unserer Körpertauglichkeit machen, wobei man immer wieder Mutproben einflocht. So besuchten wir zum Beispiel das Schwimmbad. Nicht aber nur zum Schwimmen. Wir mussten vom 3-Meter-Brett einen Abfaller rückwärts mit angelegten Händen vorführen. Auch ich hatte vorher noch nie derartiges versucht, dennoch klappte es ganz gut. Viele andere sprangen vorher ab und landeten beidbeinig oder rissen im letzten Moment doch noch die Arme zum Schutze hoch. Das alles wurde wohl irgendwie bewertet. Ähnliche Mätzchen waren an der Tagesordnung, bis es zur fliegerischen Sichtung kam. Der Focke-Wulf „Stößer“ (die FW 76) kam zum Einsatz. Ein sehr stabiler Hochdecker, voll kunstflugtauglich. „Und nun zeigen Sie uns einmal, was Sie auf der A-B-Schule im Kunstflug gelernt haben.“
Das war die Aufforderung, auf welche ich schon gewartet hatte. Hier wollte ich mich beweisen und meldete mich gleich als erster. Das hätte ich lieber nicht tun sollen. Ich flog das komplette Kunstflugprogramm, das ich auch zur Prüfung gezeigt hatte durch und war sowohl mit mir selbst als auch mit dem Stößer – den ich dabei zum ersten Mal flog – recht zufrieden. Eine saubere Landung schloss dann meine Vorführung ab. Ich erwartete ein Lob und bekam dafür eine vernichtende Kritik, die ich zunächst nicht fassen konnte. „Was Sie hier gezeigt haben ist nur fürs Auge, nicht aber für einen angehenden Jagdflieger geeignet. Wenn Sie weiterhin so fliegen, sind Sie der Erste, der vom Feind heruntergeholt wird. Ein Stößer ist mit keiner noch so gerissenen Figur in der Luft zu demontieren, merken Sie sich das alle. Wir verlangen, dass Sie uns die Grenzen Ihrer Leistungsfähigkeit zeigen, keine ausgefallenen Kunststückchen!“
Das war`s dann auch schon. Zorn und Schmach vermischten sich bei mir. Hätte ich das nur vorher gewusst! Mein Selbstbewusstsein erhielt einen schweren Knacks und erholte sich erst wieder, nachdem ich die Beurteilungen derjenigen mit anhörte, die nach mir zum Zuge gekommen waren. Man war mit keinem von uns zufrieden. Das war aber wohl auch der Sinn der ganzen Vorfliegerei. Man wollte uns, alle auf gleiche Stufe gestellt, auf diese Art zu Höchstleistungen anspornen und das gelang ihnen im Verlaufe der nächsten Zeit auch hervorragend. Man wies und darauf hin, dass das Werk Focke-Wulf eine Prämie demjenigen zu zahlen bereit ist, der diese Maschine in der Luft zu "zerlegen" vermag. Es sollte noch keinem bisher gelungen sein. Das hörte sich schon einmal gut an. Ich nahm mir vor, dieses beim nächsten Start schon zu versuchen. Aber was ich auch versuchte, der Stößer zeigte sich wirklich stabil und die Fluglehrer waren zufrieden..."